Sammelsurium · 8. Juni 2017

wie man sich selbst sabotiert. eine anleitung.

der körper immer schön schlank und sexy, die eigenen vier wände ordentlich aufgeräumt, minimalistisch angehaucht, der job ein traumjob der seinesgleichen sucht. hängt es dir manchmal nicht auch zum hals raus, solch ein perfektes leben? damit es dich nicht auch in diese heile welt verschlägt, habe ich hier ein paar tips zusammengestellt.

du willst deinen alltag organisieren?

dann schreib to-do-listen. ellenbogenlange, selbstverständlich. du hast eine aufgabe abgehackt? schreib gleich fünf neue hinzu. sonst denkst du womöglich, du hättest was geschafft. der tag neigt sich schon dem abend zu? noch lange kein grund, sich auf die schulter zu klopfen. schließlich stehen genug leute um dich herum, die von dir abgehackte to do’s, ausgefüllte formulare und beantwortete fragen erwarten.

du willst deine bude entrümpeln?

dann lege einfach alle zu entrümpelnden sachen schön sichtbar in deiner wohnung aus. sortiere sie nach themen – und lass die liegen. auch wenn du in den nächsten tagen (oder wochen) keine zeit mehr haben wirst, dich damit zu beschäftigen (weil siehe to-do-liste) – lass sie liegen. stolperst du jeden tag über die stapel? dann liegen sie genau am richtigen ort. um dich ständig daran zu erinnern, dass da noch etwas nicht fertig bist. dein schlechtes gewissen dankts dir.

du willst deinen traumbody (zurück-)haben?

dann nimm dir vor, innerhalb eines monats mindestens 2 kilo abzunehmen. ach was – erhöhe gleich den druck und mach innerhalb einer woche ein kilo weg. sprich die magischen worte „ab 18 uhr werd ich nix mehr essen!“, ach was – für eine woche komplett auf zucker, kohlenhydrate zu verzichten und am besten auch gleich dem fleisch abzuschwören (ist eh ungesund und schadet der umwelt). nur um dann beim nächsten einkauf an der theke das saftigste steak einzupacken (das tier ist tot, wofür du ihm aber demütig dankst!), beim bäcker noch eine apfeltasche zum gleich-reinbeißen zu holen (sind ja früchte drin, also gesund) – und sich abends mit vollem magen auf die waage zu stellen, um zu sehen, wie schwer die heutige sünde wiegt. aber keine sorge – ab morgen kannst du dir ja wieder vornehmen, abzunehmen. morgen klappts. ganz sicher.

du willst selbstlos buddhistisch werden?

dann tauche ein in bücher über selbstliebe, life-coaching, osho, selbstentfaltung, uvm. gehe auf esoterisch angehauchte konferenzen und kongresse, lass dich von klangschalenklängen massieren, nehme an meditationschallenges teil. erkenne die schädigenden anteile deines selbst. nur um sie im nächsten augenblick auf deine nächsten loszulassen. alles, was du bis dahin in der theorie gelernt hast, den umfang mit deinen emotionen und gedanken, vergiss das im augenblick des gefechts. sonst kannst du nicht toben, beleidigt sein, und die schuld bei den anderen suchen. immerhin hast du aber nun stets einen schuldigen neben dir: „das war ich nicht, das war mein ego!“. eigentlich ziemlich praktisch.

du willst deine leidenschaft zum beruf machen?

dann such dir einen brotberuf in festanstellung, und das in teilzeit, so hast du zumindest das gefühl, dass du „eigentlich noch 20 stunden zeit“ für deinen leidenschaftsberuf hättest. nur um dich dann am nachmittag (denn du kommst nie niemals pünktlich weg) total ausgelaugt und erschöpft bis zur nächsten liegegelegenheit zu schleppen und zu versuchen, die ausgelaugten energieresserven wieder aufzufüllen. und auch wenn du jetzt viel lieber alles festangestellte hinschmeißen würdest und mit einem one-way-ticket richtung welt aufbrechen, stehst du, nachdem du all die blogposts, youtube-videos von erfolgreich ausgestiegenen und aufsteigenden digital natives in coworking-spaces auf bali & co konsumiert hast, zähneknirschend auf und bleibst „im dienst“. immerhin ist der brotberuf ein beruf, der schön und gut und sicher ist, und einem (im idealfall) leicht fällt, und auch zudem genügend (!) geld zum leben bringt. wer braucht denn da schon einen leidenschaftsberuf, pfff!

so, mit diesem leitfaden kannst du den weg in ein unausgefülltes leben auf gar keinen fall verpassen. wie denn auch – der größte feind ist ja stets in deiner nähe – du selbst. 🙂

bitte sehr, nichts zu danken.

die „nach der arbeit“-perspektive

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