Familie und Leben · 6. September 2019

Sorry Familie, heute bin ich Journalistin!

… dachte sie, richtete ihre wilde Haarmähne zurecht, setzte sich ins Auto und düste ab Richtung Stadt. 

Noch aus den Augenwinkeln sah sie, wie das Baby, das sie vorher mühsam im Kinderwagen durch den erdigen Boden im Wald schiebend zum schlafen gebracht hat, sich zu regen begann. Drück schnell auf die Tube, schrie die Journalistin in ihr, sonst kannst du deinen glorreichen Plan verschieben. Schon wieder. 

Denn ja, es war wieder soweit. Ich machte mir im Urlaub einen Plan. Ich wollte wieder mehr für mein Blog schreiben.

Eigentlich ist er nicht neu, der Plan. Da aber dessen Umsetzung immer wieder sabotiert, pardon – verschoben wird/werden muss, aus Gründen, die sich „familiäre Verpflichtungen“ nennen, und ich daraufhin immer wieder in einen eigens zusammengedachten Sumpf aus meinen persönlichen mOnstA-Gedanken Namens „’s wird nix“, „schaffst’s eh nicht“ und „die anderen können’s, du aba nich“ versinke, aus dem ich mich erst wie Münchhausen am eigenen Zopf herausziehen muss, ist dieser Plan eine neverending Story. Also jetzt nach dem Urlaub wieder- ich plante, mehr zu bloggen. 

Das Planen klappte auch wunderbar. Im Urlaub machte ich mir erste Gedanken zu möglichen Themen. Und wurde davon regelrecht erschlagen! Ruhig Pferd, dachte ich, immer eins nach dem Anderen. Fürs erste wollte ich zum Protagonisten in die Stadt und schauen, ob er überhaupt Interesse an einer Story über ihn hatte. Mit Kindern im Gepäck wollte ich es probieren. Zu ihm hingehen und fragen.

Was hab ich hinterher gelacht! Und geweint.

Zwei Tage lang ging ich in die Stadt, nahm ich es mir fest vor: Du gehst da rein, du fragst ihn. Doch ich fand keinen passenden Moment. Es ist einfach unmöglich, das Kind im Blick zu haben, mit ihm zu kommunizieren, ihm dieses oder jenes zu reichen und gleichzeitig ein halbwegs professionelles Gespräch zu führen. Zumindest bei mir nicht. Dann bin ich zu sehr Mutter, und mein Kind catcht immer wieder meinen roten Faden, und spielt damit gelassen Lasso.

Als ich also gestern die Möglichkeit sah, mich abzusetzen, loszudüsen, ganz allein, hab ich’s sofort ohne Skrupel genutzt. (Ok, vielleicht mit ein wenig Skrupel…)

Und wisst ihr was: Das tat sO gut! Ich zog alleine los, mit im Gepäck mein Notizblock, Stift, mein Handy und die Visitenkarten. Ich sprach eine Stunde lang mit dem Protagonisten (der übrigens mitmacht!), mein Kopf arbeitete wie wild, war so vOller Gedanken und Ideen, mein Herz so vOller (Vor)-Freude über das, was kommen wird, was ich mal erschaffe, wenn es dann mal fertig sein wird. Ich war wieder eine Stunde lang Journlistin. Und fühlte mich prächtig!

Ich liebe meine Kinder

Ich liebe sie über alles. Ich bin auf gar keinen Fall Team „Regretting Motherhood“, wie es mal hieß und wünsche mir sogar mehr davon. Aber ich liebe es auch, mal Nicht-Mutter zu sein. Mal einfach alleine für mich loszuziehen und „mein Ding“ zu machen. Mich mit Themen befassen jenseits von der Mama-Kind-Sphäre. Mich mit Menschen unterhalten, die einem wunderbare spannende Einblicke in unbekannte Welten über dem eigenen Tellerrand hinaus zeigen.

Ja, ich bin Mutter. Das bin ich sogar sehr gerne. Davor aber war ich auch wer: Ein Mensch mit eigenen Interessen, Fähigkeiten und Wünschen. Ein Mensch mit vielen Ideen dazu, was ich aus meinem Leben Tolles machen will. Und es ist ein besch***nes Gefühl, ständig dafür kämpfen zu müssen, beides sein zu dürfen. Und es ist ein besch***nes Gefühl, auf verständnislose Blicke zu stoßen, die einem sagen „Du kannst nicht beides haben.“ Und es ist ein besch***nes Gefühl, zu glauben, ständig nach dieser „freien“ Zeit zu suchen, die es ja eigentlich als Mutter nicht gibt und die sich daher meistens als (von Kindern) „gestohlene“ Zeit anfühlt.

Und dennoch: Ich will beides. Für beide Versionen meines Ich brenne ich. Ich will Mutter sein. Und Journalistin. Es ist schwer. Ich kann nicht allem zu 100% gerecht werden. Nicht gleichzeitig. Dann bin ich eben manchmal Rabenmutter. Dann lege ich eben manchmal meine Schreibambitionen auf Eis. Aber ich bleibe dran. Und gebe nicht auf. Und warte einfach auf den Moment, in dem ich beides gleichzeitig sein kann.

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