juni – freudentaumel, ein entzündeter zeigefinger, taube gehirnzellen und erneut tatendrang.
das beschreibt meinen aktuellen seelischen/geistigen zustand.
und warum das alles?
im juni war die deadline – für meinen artikel, genauer: für den artikel, der meinen abschluss an der journalistenschule einläutet, den artikel, den ich zwar mir selbst ausgedacht und ausgesucht habe (und den ich mit viel herzblut und engagement bearbeitet habe, denn das thema ist der hammer!), der aber alles andere überschattet hat.
in dieser zeit zog ich mich in mein schneckenhaus zurück, stellte die blogaktivitäten (weitestgehend) ein, mutierte zum stillen leser, der sich lediglich sporadisch durch sternchen, links und ab und an einem „ja wach mal auf!“-kommentar in der öffentlichkeit zeigte.
jetzt ist das studium passé.
die neu erworbene freiheit verbrachte ich damit, frei zu werden von jenen monsta-gedanken, die mir einredeten, die abschlussarbeit sei doch noch hier und da verbesserungswürdig/unausgereift/nicht so gut umgesetzt. ich habe Kaffee in cafés getrunken, freunde getroffen, gedanken sortiert und pläne geschmiedet. und eine mosaik an begebenheiten der letzen zeit für euch hier zusammengetragen.
was also in der zwischenzeit passierte, worüber ich schreiben wollte aber prioritätenbedingt nicht schreiben durfte.
„ich habe einen vOgel!“
„du, julia, erzähl uns mal was neues…“
seltsam:
jeder im bekanntenkreis, wirklich jeder, haute mir diesen spruch um die ohren.
(ich muss gestehen: die reaktion versetzte mich unweigerlich ins grübeln. aber nur, um im endeffekt selbstgefällig ins fäustchen hineinzulachen. das von mir nach außen vorgelebte ego verfehlt nicht seine wirkung.)
naja – back to the stOry.
einige von euch haben’s bereits mitgekriegt: ich bin nun eine vogelmama. nicht freiwillig zwar, aber dennoch erledige ich die mir seither anfallenden tätigkeiten mit gewissenhaftigkeit und mamaliebe.
vor einiger zeit – draußen stürmte es – stand unsere balkontür, die wir übrigens in der küche haben, sperrangelweit offen.
die sommerliche abendluft ist einfach angenehm, und das sind die gründe.
sohnemann lag schon im bett und schlief – wie es sich für jemand, der als kitakind arbeiten gehen muss, gehört.
gatte und ich breiteten uns auf dem sofa aus, und ließen den tag – er mit ausgestreckten füßen, ich mit laptop auf dem schoss ausklingen. so wie es sich in einer 2.0-familie gehört.
auf einmal höre ich unerhörtes. flattergeräusche. ein lauer windzug streift mein rechtes ohr.
ich schaue in die richtung, woher sie kommen – und trau den augen nicht.
da, auf dem regal, sitzt er: ein kleiner gelber vogel!
„huch – schau mal, h.!“ rufe ich, „ein vogel! und nu?“
was tun? so wie er ausschaute – klein und gelb und viel zu selbstsicher in menschennähe umherspazierend (er futterte ungeniert die angebotenen brotkrümel vom tisch, als hätte er zeit seines lebens nie etwas anderes getan) – konnte es eindeutig kein wild lebender vogel sein.
meine erste theorie, es handle sich um einen kanarienvogel, hat mr. google alsbald bestätigt.
wir ließen ihn unser wohnzimmer erkunden, machten fotos, ich schrieb tweets und startete sofort eine suchaktion via facebook und freeyourstuff.
die erste hürde war: wo soll der vogel nun hin?
wieder aus dem fenster raus? das konnte ich nicht übers herz bringen. die raben da draußen, die elstern – sie würden den kleinen piepmatz sofort in stücke hacken. dachte ich mir. und dann stell dir vor, er gehört einem kind, wie traurig muss er jetzt sein, dass sein haustier weg ist? nein, wir mussten ihn behalten.
aber so ganz ohne käfig geht ja nicht.
also wieder – facebook, freeyourstuff: „hat jemand einen vogelkäfig zum ausleihen?“-aufruf starten. warten. innerhalb weniger minuten habe ich einen vogelkäfig (samt zubehör!) organisiert, eine liebe nette vogelpflegerin kennen gelernt, die mir angeboten hat, den vogel abzunehmen, falls sich der besitzer nicht meldet und ihn weiter zu vermitteln und viele schöne kommentare bekommen, von fremden menschen, die mir sagten, wie toll sie meine selbstlosigkeit finden.
seitdem ist knapp ein monat vorbei gegangen. die besitzer haben sich nicht gemeldet (ich hatte auch zettel in der umgebung aufgehängt, also auch analog gesucht). dafür jede menge, die ihn aufnehmen würden. auch das angebot von der vogelpflegerin ist immer noch aktuell.
sobald die zeit sich ergibt, werde ich mit sohnemann einen ausflug zu ihr machen, den piepmatze (oder wie sohn ihn taufte: „schwierpsi“) abgeben, dort hat er freunde, eine riesenvoliere, und dort werden wir ihn seinen neuen freunden und seinem neuen zuhause überlassen.
fjs adé! journalismus-stUdium
das studium hat mein berufliches ich seit über einem jahr dominiert. mit dem abgabetermin letzte woche, endete diese phase.
„warum hast du das gemacht, julia?! du hast doch schon ein studium?“
nun, die lust wars. die lust darauf, potentiellen arbeitgebern, die sich fragen, wenn ich mich als onlineredakteurin bewerbe, was ich denn hier als ethnologin verloren habe zu kontern: ich darf das, ich hab das studiert! in meinem geisteswissenschaftlichen bekanntenkreis übrigens kenne ich erstaunlich wenige, die nach ihrer erstausbildung (uniabschluss) sofort eine arbeit fanden im sinne von als berufseinsteiger fest angestellt etc. der großteil hält sich über wasser, mit aushilfsjobs, wird trainee, macht kostenlose praktika und weitere qualifizierungen. offensichtlich ist ein studium nicht genug.
ich fand dieses fernstudium insofern attraktiv, als dass ich frei war in der wahl meiner themenschwerpunkte (onlinejournalismus, pr) und das studium nebenberuflich absolvieren konnte. meinen senf konnte ich also weiterhin dazugeben.
aber jetzt ist die studierphase vorbei. demnächst also, wenn die arbeit korrigiert und bewertet ist, ich meinen abschluss in der hand halte und mich ganz offiziell „wissenschaftsjournalistin“ nenne, dann seid ihr alle herzlichst eingeladen, mir anerkennend auf die schulter zu klopfen, mich mit jobangeboten (freie mitarbeit) zu bewerfen oder euch einfach mit mir freuen.
hilfe, ich habe eine multiple persÖnlichkeit : vOrstellungsgespräche
auch wenn das studium den großteil meiner aufmerksamkeit beanspruchte, habe ich mir dennoch die finger wundgetippt und potentiellen chefs sätze mit „ich finde euer unternehmen/firma/zeitung/projekt/ superdupergrandiös“ und „sie brauchen mich in ihrem team unbedingt, weil…“ um die ohren gehauen.
die folge: es sprangen ein paar vorstellungsgespräche heraus. manche davon sogar in meiner früheren heimatstadt. und – es sprangen sogar vorstellungsgespräche für stellen heraus, für die ich mich überhaupt nicht beworben hatte.
einmal habe ich es geschafft, mich innerhalb von zwei vorstellungsgesprächen für drei komplett unterschiedliche stellen ausfragen zu lassen. auf eine der stellen konnte ich mich also absolut nicht vorbereiten.
diese erfahrung war der grund, dass ich erneut in mich gehen musste, um hineinzuhorchen und sich zu fragen: wer bin ich denn jetzt eigentlich?
in zeiten nach dem studium und vor der festanstellung ist es nämlich so:
anfangs bist du euphorisch, hoch motiviert, weißt wohin du willst, suchst dir entsprechende stellenprofile aus mit dem inhalt, der dir am meisten liegt und worauf du am meisten bock hast. praktikum? niemals! ich bin doch hochschulabsolvent. ich habe doch bereits praktische erfahrung im studium, in den semesterferien, gemacht. ich will geld verdienen. basta.
dann vergeht eine gewisse zeit, die absagen flattern eine nach der anderen in den briefkasten rein, du magst den briefkasten gar nicht mehr öffnen, du meidest dein email-acoount, es könnte ja wieder eine mail mit „tut mir leid, wir haben jemand anderen gefunden“ aufploppen.
dann beginnst du, abstriche zu machen. du hinterfragst plötzlich deine skills, deine expertise, fragst dich: was wenn die alle recht haben? wenn ich gar nicht so viel kann wie ich dachte?
du kurbelst deine anforderungen herunter.
praktikum? hm, na gut, wenn’s denn bezahlt ist, dann mache ich es halt. erfahrung! das zählt doch was.
dann vergeht wieder zeit. du wartest, auf antworten. aber nix kommt. manche halten es nämlich nicht einmal für nötig, eine absage zu schreiben.
dann bist du schon ziemlich am ende deines lateins angekommen. dein selbstwertgefühl … was war das nochmal? was habe ich noch mal studiert? gott, das kann ja wirklich nix gescheites gewesen sein.
also überdenkst du deine ansprüche an deine berufswünsche weiter. den ersten wunsch hast du schon längst ad acta gelegt. mittlerweile kannst du dir fast alles vorstellen, als was du arbeiten könntest. eine eierlegende wollmilchsau möchten sie? gerne! sie wollen nix zahlen? nehm ich! stellen sie mich ein! hauptsache arbeit.
im laufe der letzten monate war ich bereits alles mögliche, habe alle berufsidentitäten durchgespielt. ganz nach dem motto „ich bin viele!“ war ich bereits tageszeitungsvolontär über anwaltskanzleimitarbeiterin über social media manager über ngo-referent über rechtsextremismusexperte über osteuropakundler, etc. aber nun muss ich wieder zum ursprung zurückkehren, zu dem ursprung. der grund ist…
freche schnauze wirkt: zeitungspraktikum ahOi!
eines der vorstellungsgespräche endete nun mit einem praktikumsangebot. die zeitung ist super, die konditionen sind, nun, wie eben in den printmedien zu erwarten. allerdings konnte ich ein paar rahmenbedingungen ausarbeiten, mit denen ich leben kann. und daher freue ich mich auf die nächsten wochen. genaueres wird allerdings erst verraten, wenn’s los geht.